Bild 26
Grenzstein mit Lippischer Rose (links, mit Zungen zw. den fünf Blättern, Standort am Hamberg). Der Hamberg [298 m] wird eingehegt von Fischbach im N und Emmer im O und S und ist umgeben von den Ortschaften Grevenhagen (Stadt Steinheim), Himmighausen und Merlsheim (beide Stadt Nieheim) sowie Erpentrup (Stadt Bad Driburg).
Das Gebiet hat Bedeutung für meinen Beitrag Arbalo.
Bild 27
Kirchenportal Väte mit fünfblättriger Rose (rechts, - auch Kirche Lye u.a.m.). Die gotländische Rose findet Entsprechungen im Siegel Simons III. zur Lippe (ab 1360) sowie dem Wappen Bernhard VII. zur Lippe (ab 1429), ferner in den heutigen Wappen (Rosenblätter in Rot ohne neuzeitl. Zungen) von Blomberg, Detmold, Lügde und Lippstadt (Kr. Soest). Lemgos fünf Rosenblätter sind blau eingefärbt ("Die lippische Rose", s. Lit.-Verz.).
Die Verwendung gleichartiger Symbole im Herkunftsgebiet der Herren und Grafen zur Lippe (bei Lippstadt), danach im ehemaligen Fürstentum Lippe, sowohl als auch auf Gotland ist ein Kennzeichen des regen Kulturaustausches, der natürlich einher ging mit dem Austausch von Waren und Dienstleistungen (wie man es modern in der Politik auszudrücken beliebt).
Das Dreieck-Heilszeichen nordgermanischer Mystik (Bild 11, Kap. Comic strip) auf dem Kreuzabnahmerelief ist bisher in der Externstein-Literatur weder erwähnt noch erörtert, wahrscheinlich bis heute nicht einmal beachtet oder als Besonderheit wahrgenommen worden.
Das pagane Heilszeichen einem christlichen Gemälde einzuprägen, kann nur als Beiwerk eines Künstlers angesehen werden, der noch mit dem Glauben seiner Ahnen vertraut war, in seinem Inneren mit diesem Glauben kämpfte und das Zeichen schließlich der Verdammnis anheim gab. Das Heilszeichen wirft ein neues Licht auf die gebeugte Heidensäule. Noch bestimmter als früher darf man behaupten, dass dieser sog. Stuhl ein Symbol der von Karl d. Gr. gefällten Irminsul ist. Zugleich mit der gebeugten und eingeäscherten heiligen Säule der Sachsen wird das Heilszeichen dem neuen Glauben unterworfen.
Es ist durchaus fraglich, ob Paderborner Benediktinermönche im 12. Jhd. das Kreuzabnahmerelief geschaffen haben. Das christliche Relief ist gewiss das späteste Erzeugnis der von menschlicher Hand
geschaffenen Steinmetzwerke am Externstein. Wann genau und ob an dieses Relief gotländische Künstler Hand angelegt haben, muss vorerst offen bleiben. Immerhin sind vielfältige Beziehungen zwischen
Gotland und Westfalen im 12. und 13. Jhd. bezeugt. Die in dieser Zeit entstandene Herrschaft Lippe lag in Lippstadt-Cappel. Im Land Lippe, dem heutigen zu NRW gehörigen Kreis Lippe, sind
Besitzungen in Schötmar und Lemgo nachgewiesen. Die Stadt Lippstadt gehört zum heutigen Kreis Soest.
Soest wiederum hat ein Aufsehen erregendes Werk zu bieten: Das Scheiben-kreuz, das in der Soester Hohnekirche (Maria zur Höhe) unter Gerümpel 1868 wiederentdeckt wurde. Der Kunstschatz ist in wahrhaft gotländischer Art gestaltet und hat Entsprechungen nur auf der schwedischen Insel. Es ist zu vermuten, dass das Werk von einem Künstler auf der Insel fertiggestellt wurde. Nach dem weiten Transport nach Soest stellte man fest, dass in der Hohnekirche dafür kein geeigneter Aufstellungsort zu Verfügung stand und verbannte es in den Abstellraum. In Visby hätte das Scheibenkreuz in Sta Maria, der deutschen Kaufleute-Kirche, sicher einen ehrfurchtsvolleren Platz gefunden. Vergleiche mit dem Scheibenkreuz von Oeja (Bild 29) weisen das Soester Werk jedoch noch weit prächtiger aus. Die reichen Soester Kaufleute werden dem Künstler sicher fürstlichen Lehn geboten haben. Auch die schmückende ornamentalen Wandmalereien im Inneren der Hohnekirche erinnern an gotländische Künstler, die seinerzeit auf der „Insel der hundert Kirchen“ Hochkonjunktur hatten. Die beiden Marienkirchen in Visby und Soest wurden übrigens im gleichen Zeitraum erbaut. Ob nun die Gotländer die fünfblättrige Rose den Herren zur Lippe vermacht haben oder ob die Rose ihren Weg von OWL nach Gotland gefunden hat, ist unerheblich. Es ist jedenfalls ein weiteres Indiz für die engen Verflech-tungen gerade auf kulturellem Gebiet.
Steinbildnerisch waren im 12. Jhd. auf Gotland Lafrans Botvidarson als Steinmetz und Baumeister von Kirchen tätig sowie dessen Schulen, ferner Meister „Byzantios“ und andere als Baumeister, Bildhauer, Maler und Holzschnitzer (Taufsteine, Triumphkreuze u.a.). Das Kruzifix in der Kirche von Alskog (um 1170, Bild 31) kann seine Verwandtschaft mit dem Externsteinkreuz kaum verleugnen.
Nach diesem Ausflug in das mittelalterliche Kunstwesen des 12. Jhd. , das sowohl auf Gotland als auch in OWL christlicher Natur war, machen wir wieder einen Rückwärts-Schritt in die vorchristliche Zeit Gotlands. Während auf Gotland noch Odin, Thor und Freyr mit fester Hand regierten, war es auf dem Festland die Zeit der beginnenden Christianisierung der Sachsen, die ihre Wurzeln im dänischen Jütland haben.
Dass die Figuren-Bildsteine Gotlands erst im 9. bis 10. Jhd. erschaffen sein sollen, wie moderne Wissenschaftler behaupten, scheint mir zu spät angesetzt zu sein. Zu dieser Zeit wurden schon die ersten Runensteine mit christlichen Symbolen (s. Mervalla-Runenstein, Bild 12) aufgerichtet. Die Mythen auf gotländischen Bild-steinen sind aber noch ganz der heidnischen Denkungsart verhaftet. Zu favorisieren ist der Zeitraum von etwa drei bis vier Generationen vom frühen 8. Jhd. an.
Bei diesem Zeitansatz darf man bleiben, wenn man die kulturelle Verwandtschaft von gotländischen und westfälischen Künstlern und Kunstwerken bejaht. Die Bildhauer dieser Zeit sind es, die am Aarstein mit Hammer und Meißel Schöpfungen von großer Gestaltungskraft geschaffen haben. So entstanden auf dem Sandstein der Externsteine das Drachenrelief, der Wächter unter dem Felsüberhang, der in den Fels eingetiefte Adler über dem Eingang zur Grotte und das große Bogengrab (Arcosolium). Die gotländischen Künstler dürften ihre Exkursion zum Externstein-Heiligtum den historischen Ereignissen zufolge eigentlich nur vor dem Jahre 772 absolviert haben, dem Jahr, in welchem der Frankenkönig Karl die Irminsul in Flammen aufgehen ließ. In den unruhigen Zeiten des dreißigjährigen fränkisch-sächsischen Krieges und danach, als das Heiligtum seine Bedeutung verlor, wird man nicht von Gotland zum Externstein gepilgert sein. Die auf dem gotländischen Bildstein dargestellte Reise zum Externstein-Heiligtum mit dem sakralen Opferstein muss zuvor stattgefunden haben. Daher kann diese Bildsteingeneration ihre Exponate nur im 7. Jhd., ihre spätesten um 800 n. Chr. hervorgebracht haben.
Es dürfte sich auch für berufsständische Ikonographen lohnen, ihre Vergleichs-bemühungen in Bezug zum Kreuzabnahmerelief auf die Werke der Künstler von der Insel zu konzentrieren.
Noch ein Wort zu den wissenschaftlichen Untersuchungen im Jahre 2005 (s. hierzu auch die Seite "Presse ..."). Die Untersuchung der Feuerspuren aus Haupt- und Nebengrotte durch die Heidelberger Akademie der Wissenschaften - Archäometrie - ergab: Das älteste Feuer hat um das Jahr 735 (+ / - 180) n.Chr. gebrannt. Dieses Resultat ist wichtig. Es kann allerdings nicht die Vermutung bzw. die Spekulationen widerlegen, dass die Grotten bereits in prähistorischer Zeit, jedenfalls in vorchristlicher Zeit gehöhlt und damit vorhanden waren.
Bild 28
Die nach den ausgegrabenen Fundamenten wiedererrich-tete Kaiserpfalz von Paderborn, direkt hinter dem Dom und an dem berühmten Pader-Quelltopf. Hierher berief Karl d.Gr. den Reichstag ein und traf sich mit dem aus Rom geflüchteten Papst Leo III.. Hier residierte Kaiser Heinrich II., zu dem die Gotländer eine merkwürdig intime Beziehung pflegten (s. Bild 30).
www.kaiserpfalz-paderborn.de/das-museum/
Bild 29
Das Scheibenkreuz in der Kirche von Öja ist das prachtvollste, aber nicht das einzige auf der Insel. Die Kirchen der Gotländer sind reich an Prozessions-, Triumph-, Ring- und Scheiben-kreuzen. Die Erbauer der Kirchen und die Kunsthandwerker, die das Interieur, wie eben Kruzifixe, Taufsteine, Malereien geschaffen haben, sind mit kenn-zeichnenden Namen wie Byzantios, Michaelmeister, Calcarius oder Majestatis etc. belegt worden, wenn ihre eigentlichen Namen nicht bekannt waren.
Bild 31
Das Triumphkreuz der Kirche von Alskog ist ein Beispiel für viele der Kirchen auf Gotland. Die Enden des waagerechten Balkens dieser Kruzifixe sind in der Mehrzahl gleichartig und stilistisch mit denjenigen des Externstein-Kruzifixes vergleichbar.
(Triumphkreuze sind immer zwischen dem Altarraum/Chor und dem Langhaus unter dem Triumphbogen aufgehängt.)